Die JuZe-Garten-AG am Werk - mit gespendeten Schubkarren und Eimern In diesem Blogbeitrag erzähle ich, wie sich das Gartenprojekt am Jugendzentrum Köln Weiden (JuZe) sich zu einem Ort entwickelt hat, an dem Menschen aus dem ganzen Veedel zusammenkommen. Es begann 2019 mit einer Kooperation von Tanja Gharbi, der damaligen JuZe-Leiterin, mit Dagmar Hellriegel und Ursula Hladina vom Seniorennetzwerk Köln Weiden. Das so entstandene Projekt wurde von Anfang an unterstützt vom Ausschuss „essbare Stadt“ des Ernährungsrates der Stadt Köln sowie von der Geflüchteteninitiative „Willkommen in Weiden und Lövenich“ im Netzwerk „Willkommenskultur Köln“ (WiKu).
Dagmar Hellriegel, Tanja Gharbi und Sonja Eisenbeiß am ersten Hochbeet des JuZe-Gartens
Ich selbst habe von Anfang an dieses Gartenprojekt betreut und Gartenaktivitäten sprachfördernd gestaltet, da ich gerade nach Weiden gezogen war, bei der „essbaren Stadt Köln“ engagiert bin und mich als Sprachwissenschaftlerin beruflich mit Mehrsprachigkeit, kindlicher Sprachentwicklung, Sprachförderung und Bildung für nachhaltige Entwicklung befasse. Mitte 2019 wurde Thorsten Neugebauer vom Grünflächenamt der Stadt Köln ebenfalls ehrenamtlich im Gartenprojekt aktiv und brachte sein gärtnerisches Wissen als Meister für Garten- und Landschaftsbau tatkräftig ein. Seit Oktober 2022 ist er auf einer längeren Reise mit seinem Wohnmobil, berät aber noch immer in allen gärtnerischen Fragen.
Die „Brückenbeete“ – Blühende Oase mitten in Köln Weiden dank Gieß- und Pflanzaktionen mit der JuZe-Garten-AG und Menschen aus der Nachbarschaft
Mittlerweile leitet Sonja Zarinebaf das Jugendzentrum und unterstützt das Gartenprojekt sowohl pädagogisch als auch verwaltungstechnisch. Der 2022 neu hinzu gekommene JuZe-Mitarbeiter Philipp Eisenlohr setzt seine Erfahrungen vom Kölner BAUI-Bauspielplatz in der Kölner Südstadt jetzt am JuZe ein, indem er Gartenmöbel, Pflanzkisten und andere Holzobjekte mit den Kindern und Jugendlichen baut. Sophie Durant vom JuZe bietet eine Koch-AG für Jugendliche an, die beim Kochen auch Gemüse und Salat aus dem Garten nutzen.
Tomaten im JuZe-Garten
Evi Blink, die Ehrenamtskoordination für Geflüchtetenarbeit im Bezirk Lindenthal unterstützt das Projekt und vermittelt Kontakte; und die Geflüchteteninitiative „Willkommen in Weiden und Lövenich“ im WiKu-Netzwerk hat das Weidener Gartenprojekt von Anfang an finanziell gefördert. So konnten wir z.B. Werkzeug, Arbeitshandschuhe und Blumenzwiebeln kaufen. Eine weitere Spende erhielten wir von Simon Joisten und seinem Fotostudio. Jörg Machill und Gudrun Gamckow haben uns viele Pflanzen gespendet und auch mal mit angepackt; und Jörgs Machill hat sein reiches Staudenwissen mit uns geteilt . Die Menschen vom Ausschuss „essbare Stadt Köln“ haben uns beraten und Kontakte vermittelt, z.B. für kostenlose Erde und Pflanzen. Und einer der JuZe-Nachbarn, Roland Held, informiert uns über Fördermöglichkeiten und hat uns einen Schiffscontainer für die Lagerung von Materialien besorgt, der 2022 von Jugendlichen in einer Sommeraktion des Jugendzentrums bunt gesprayt wurde. Außerdem helfen mittlerweile einige Menschen aus der Nachbarschaft, insbesondere beim Gießen in den JuZe-Ferien oder bei Bau- und Pflanzaktionen, z.B. Bettina Landgraf und Christoph Hamborg.
JuZe-Materialcontainer, gesprayt von Jugendlichen aus dem JuZe im Rahmen des Sommerferienprogramms
Nach einem aktiven Start 2019 wuchs das Garten-Projekt am JuZe auch während bau- und Corona-bedingter Einschränkungen in der Arbeit des Jugendzentrums weiter. Dabei zeigte sich, wie wichtig ein Ort im Freien als Bildungs- und Begegnungsstätte ist. Am 21.5.2022 wurde dann die „Gartenwerkstatt Köln Weiden“ am JuZe eröffnet – mit einer vielbesuchten Pflanzentauschbörse und Kinderaktivitäten. Ermöglicht wurde dies durch eine großzügige Spende der Dr. Jürgen Rembold-Stiftung. Diese Stiftung fördert „gemeinnützige Projekte […], die bürgerschaftliches Engagement und gemeinwohlorientiertes Handeln anstoßen und unterstützen“. Mit der Spende für die Gartenwerkstatt konnten wir Natursteine kaufen und technische Geräte ausleihen, mit denen Thorsten Neugebauer über mehrere Wochen hinweg in seiner Freizeit ein Hanggelände mit Trockensteinmauern terrassierte. Der Bauprozess wurde durch den Dokumentarfilmer Akiro Hellgard in unserem ersten Werkstatt-Video festgehalten. Dieses Video erscheint demnächst auf dem Videokanal des Ernährungsrats für Köln und Umgebung. Das Trockenmauer-Video ist als Tutorial gestaltet und kann anderen Projekten als Anleitung dienen.
Eröffnung der Gartenwerkstatt am Jugendzentrum Köln Weiden (vlnr. Thorsten Neugebauer, Dr. Sonja Eisenbeiß, Dr. Jürgen Rembold, Cornelia Weitekamp, Dagmar Hellriegel, Sonja Zarinebaf und Philipp Eisenlohr)
Sunis Jungheim hat nicht nur die Pflanzentauschbörse zur Gartenwerkstatteröffnung organisiert, sondern auch eine WhatsApp Gruppe von garteninteressierten Menschen aus der Nachbarschaft gegründet, die regelmäßig Informationen zum Gärtnern teilt und sich in der Gartensaison 2022 regelmäßig am JuZe traf, um Pflanzen, Saatgut und Wissen auszutauschen.
Sunis Jungheim am Pflanzentauschtisch bei der Gartenwerkstatteröffnung
Bei diesen Treffen wurde nicht nur reichlich Kaffee getrunken, es wurde auch tatkräftig angepackt, insbesondere von Birgitt Faust-Füllenbach, Sebastian Grabinger, Dagmar Hellriegel, Sunis und Joachim Jungheim, Luise und Sabine. So wies uns z.B. Roland Held darauf hin, dass sehr viele Pflanzen einer Tiefgaragensanierung in der Nachbarschaft zum Opfer gefallen wären, z.B. Rudbeckien und Lavendel. Daraufhin haben wir diese Pflanzen in mehreren Gemeinschaftsaktionen gerettet und am JuZe bzw. auf der Brücke hinter dem Rheincenter in Weiden wieder eingepflanzt. Damit können diese Pflanzen auch in Zukunft den Bienen, Schmetterlingen und Menschen im Veedel Freude machen.
Durch die WhatsApp-Gruppe ergaben sich weitere Kontakte: Birgitt Faust-Füllenbach rettet bei Kölner Supermärkten nicht nur Lebensmittel vor dem Weggeworfenwerden, sondern auch Kräuter und andere Pflanzen, von denen jetzt schon sehr viele ihren Weg zum JuZe-Garten oder auf die Brücke neben dem JuZe gefunden haben. Außerdem spendete Miriam Stollenwerk von der GemüseAckerdemie dem JuZe-Gartenprojekt überschüssige Gemüsejungpflanzen, die für Ackerdemie-Schulprojekte vorgezogen worden waren, aber nicht alle benötigt wurden. All diese Kontakte und die vielen Gespräche beim Gärtnern an den Beeten am Straßenrand sorgten auch dafür, dass das Projekt bekannter wurde und wir bei Anfragen auf der Nachbarschaftsplattform Nebenan.de viele Pflanzen, Werkzeug und Baumaterialien als Spenden erhielten.
Gerette Pflanzen: Rudbeckien und Lavendel
2022 war auch das Jahr, wo das Gartenprojekt sich über den Stadtteil Weiden hinaus vernetzte: Auf lokaler Ebene wurde das Gartenprojekt Teil des neu gegründeten Kölner Permakultur-Netzwerks für die Gestaltung von nachhaltigen Systemen in Gärten, landwirtschaftlichen Betrieben und sozialen Gemeinschaften. Zu diesem Netzwerk gehört auch der VHS-Garten Thurner Hof, von dem das JuZe-Gartenprojekt viele Himbeeren und weitere Pflanzen erhielt. Am 18.6.2022 fand auch eines der Kölner Permakultur-Netzwerktreffen am JuZe statt. Die Netzwerkmitglieder, die sich trotz extremer Hitze auf den Weg nach Köln Weiden gemacht hatten, gaben uns viele wertvolle Tipps und auch einige Pflanzen. Außerdem gab ich am 22.6. eine Demonstration von sprachfördernden und gartenpädagogischen Aktivitäten beim Tag des offenen Gartens im MoMo-Modellgarten für Schulgärten, als Teil meines gartenpädagogischen Engagments bei der „essbaren Stadt“ Köln. Dabei wurden auch Ideen aus dem JuZe-Gartenprojekt vorgestellt..
Demonstration der WuPf-Wurm-Pflanzen-Kiste aus dem Sprachspinat-Garten im MoMo-Modellgarten für Schulgärten
Nationale und internationale Vernetzungen ergaben sich durch das Sprachspinat-Konzept zur Verbindung von Sprachbildung, Naturbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Dieses von mir entwickelte Konzept spielt auch eine wichtige Rolle in meinem internationalen Sprachspielclub, der sich mehrmals im Jahr online trifft. Daher habe ich am 17.6.2022 ein „live“-Treffen des „Language Games Clubs“ im JuZe-Garten organisiert. Dabei waren u.a. die Deutsch-als-Fremdsprache-Expertin Emma Hopper von der University of Essex (UK), die Linguistin und Sprachspielentwicklerin Katja Politt von der Universität Hannover, Lenia Galata, die seit 2022 an der Global Banking School in Greenford (UK) Kurse zu akademischem Schreiben und Studierfähigkeiten anbietet und viel Erfahrung in der Entwicklung von Sprachspielen hat, sowie mein Kollege Peter Weber vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, der sich auf sprachliche Bildung in mehrsprachigen Klassen spezialisiert hat. Bei diesem Treffen hat uns Thorsten Neugebauer durch die Gartenanlage geführt. Anschließend wurden viele Ideen für die Verbindung von Sprache, Spiel und Natur mit dem Sprachspinat-Konzept entwickelt, die wir jetzt Schritt für Schritt umsetzen – u.a. im JuZe-Gartenprojekt.
Sprachspinat beim MoMo-Garten
Beispiele für solche sprachfördernden Gartenaktivitäten fließen auch in meine Kurse ein, z.B. in meine Kurse zu Deutsch als Zweitsprache und sprachsensibler Gestaltung von Unterricht an der Universität zu Köln, in meine Kurse zur Sprachbildung bzw. zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an der TH Köln sowie in meine Workshops für das Lesementoringprogramm an der VHS Köln, deren Materialien für den Materialien für den Sommerworkshop 2022 man bereits auf diesem Blog findet.
Grußkarte „fruchtbares Jahr“ aus Naturmaterialien
So sind das JuZe-Gartenprojekt in Köln Weiden und seine Gartenwerkstatt mittlerweile zu einem Ort geworden, an dem viele Menschen im Veedel zusammenkommen und sich mit gleichgesinnten Menschen und anderen Projekten lokal – aber auch darüber hinaus – vernetzen und das gesammelte gärtnerische und pädagogische Wissen teilen. Für 2023 sind neben den wöchentlichen Garten-AG-Treffen schon wieder weitere Workshops und Netzwerkaktivitäten geplant. Daher möchte ich allen danken, die ihren Beitrag zur Entwicklung des Gartenprojekts und der Gartenwerkstatt geleistet haben, durch ihr Wissen, Kontaktvermittlungen, Spenden von Pflanzen, Werkzeug oder Saatgut – oder durch tatkräftiges Mitanpacken. Und ich möchte auch alle einladen, die an Gartenpädagogik, urbanem Gärtnern im ihrem Stadtteil oder an Sprachförderung im Garten interessiert sind. Sie können mich kontaktieren oder bei uns vorbeikommen. Wir würden uns freuen – natürlich auch über alle, die mit anpacken wollen!